Newsletter vom 15.10.2017
Hat das Volk zur Digitalisierung der Volksschule nichts mehr zu sagen?
Die gegenwärtige Diskussion um die Digitalisierung der Lernprozesse hat viele aufgeschreckt, die glaubten, unsere Schule könne sich in aller Ruhe weiterentwickeln. Bildungskonzerne sind mit einem Heer von Didaktikern und Computerspezialisten daran, angeblich erfolgversprechende Programme für massgeschneidertes Lernen zu entwickeln. Was noch vor wenigen Jahren als utopisch galt, liegt für einige Fachbereiche bereits jetzt als verlockendes Angebot für die Volksschule vor.
Je lauter der Ruf nach individueller Förderung ertönt, desto grösser wird der Druck auf die Lehrpersonen, die Bildungsziele bei jedem Schüler und jeder Schülerin individuell festzulegen. Die Praxis zeigt, dass die Umsetzung dieses überzogenen Anspruchs die pädagogischen Kapazitäten der Lehrpersonen weitgehend übersteigt. Doch für dieses Szenario ist die Computerbranche bestens gerüstet. Sie ist imstande, aufgrund von laufend erhobenen Daten über die Lernfortschritte für jedes Kind völlig individualisierte Lernprogramme zusammenzustellen.
Ein solch massiver Eingriff ins Lernkonzept der Volksschule kommt einem radikalen Kurswechsel in unserer Bildungskultur gleich. Es versteht sich von selbst, dass dieser mögliche Umbau unserer Volksschule offen diskutiert und am Ende nur durch einen Volksentscheid legitimiert werden kann. Doch wir sind auf dem besten Weg, diese Weichenstellung dem Volk zu entziehen.
Warum? Mit seinem Konzept für eine hochgradige Individualisierung der Lernprozesse enthält der neue Lehrplan alle Elemente für einen schulischen Kurswechsel. Wird das Konzept des massgeschneiderten Lernens eins zu eins umgesetzt, ist die Überforderung der Lehrpersonen unvermeidlich. Ohne „rettende“ Programme der Computerbranche ist der Kollaps des Systems Volksschule kaum noch abzuwenden. Doch zu diesem fragwürdigen und kostspieligen Paradigmenwechsel soll das Volk nichts mehr zu sagen haben.
Dieses unerfreuliche Szenario wird aber kaum eintreten, wenn wir jetzt die Mitbestimmung des Volkes in Richtungsfragen der Volksschule stärken. Die Initiative «Lehrplan vors Volk» weist den Weg dazu.
Die ersten Beiträge unseres Newsletters setzen sich mit der Digitalisierung der Volksschule auseinander. Es ist eine Frage von grosser Tragweite.
Zwei weitere Themen betreffen die Schnittstelle zwischen Elternhaus und Schule. Einmal sind es die Stadtzürcher Tagesschulen, wo offensichtlich den Eltern mehr versprochen wurde, als eingelöst werden kann. Dann geht es um Regeln des schweizerischen Lehrerverbands zur Mitwirkung der Eltern in Schulfragen. In beiden Fällen wird man den Eindruck nicht los, dass der Dialog zwischen beiden Seiten nicht richtig spielt. Ist dies nicht irgendwie symptomatisch, wenn man sieht, wie die aktuelle Schulpolitik eine echte Mitsprache des Volkes allzu oft umgeht?
Bilden Sie sich Ihr eigenes Urteil und haben Sie Spass an der Lektüre.
Für die Redaktion „Lehrplan vors Volk“
Hanspeter Amstutz
Inhalt
- Wie bedeutsam ist die digitale Transformation für die Bildung?
- Computer für Sonderschulen
- «Tablets in der Grundschule? Das sehe ich kritisch!»
- Plötzlich gibt es Zweifel
«Kinder passen sich meistens an - «Die Schule ist zum All-inclusive-Amt geworden»
Jetzt kommt der Leitfaden gegen Problemeltern - Die Trauer der Universitäten
- Tweet von Papst Franziskus